Kelternplatz

An den Südhängen des Ermstales wurde bereits am Ende des 11. Jahrhunderts Weinbau betrieben, wie der Mönch Ortlieb in seiner Chronik des Klosters Zwiefalten berichtet. Der Kelternplatz entstand an der Stelle der kürzesten Verbindung zwischen dem Ort und dem Metzinger Weinberg. Bereits 1281 werden die Keltern erstmals urkundlich erwähnt. Ein genaueres Bild lässt sich jedoch erst im 16. und 17. Jahrhundert gewinnen. Damals standen hier neun Keltern. Seit dem Dreißigjährigen Krieg sind es sieben Keltern. Diese gehörten ursprünglich den einzelnen Grundherrschaften und gelangten bis zum 19. Jahrhundert alle in städtischen Besitz. Die Keltern waren Schutzdächer für die darunter stehenden Kelternbäume. Diese waren bis zur Anschaffung einer hydraulischen Presse 1929 in Betrieb. Danach dienten die Keltern als Lagerhallen. Mit der Renovierung der Keltern zwischen 1976 und 1997 entwickelte sich der Kelternplatz mit der Festkelter, der Stadtbücherei, den beiden Marktkeltern, dem Weinbaumuseum, der Gastronomiekelter und der Vinothek zu einem kulturellen Zentrum in der Stadt.

Neue Heiligenkelter oder Kalebskelter

Die Neue Heiligenkelter wurde, wie schon der Name besagt, im Jahr 1690 durch die Metzinger Heiligenpflege errichtet. Diese Jahreszahl samt den Initialen der damaligen Heiligenpfleger weist eine Inschrift am südwestlichen Eckpfosten der Kelter auf. Im Gegensatz zu den meisten anderen Metzinger Keltern besitzt die Neue Heiligenkelter ein Krüppelwalmdach, eine in der Barockzeit beliebte Dachform. Dadurch entstehen an den beiden Schmalseiten zwei leicht vorkragende, ursprünglich verputzte Fachwerkgiebel. Die Tragkonstruktion mit zwei Ständern in der Mitte und Hängewerken entspricht jenem der anderen im 17. Jahrhundert errichteten Metzinger Keltern. Im Inneren der ursprünglich offenen Kelter befanden sich 1758 zwei Kelterbäume. An der südlichen Giebelwand wurden 1887 auf Veranlassung der beiden Metzinger Weingärtnervereine zwei Gemälde von Maler Mayr auf Blechtafeln angebracht, auf dem Josua und Kaleb mit der Weintraube und der heilige Urban, der Schutzpatron der Weingärtner, dargestellt waren. Nach diesem Gemälde erhielt die Kelter den Namen Kalebskelter. Bei der Renovierung im Jahr 1929 wurden die beiden Kelterbäume entfernt und an den Seiten Holzgitterwände und Tore angebracht, um die Kelter als Lagerraum nutzen zu können. Im Jahr 1935 machten die beiden 1907 erneuerten Gemälde einer in Kalk-Kasein auf den Putz aufgemalten Darstellung des Weinbaus vom Traubenlesen bis zum Weinverkauf Platz, die der Reutlinger Maler Anton Geiselhart schuf. Im Jahr 1967 erfolgte der Einbau einer öffentlichen Toilette, doch zu neuem Leben erwachte die Kalebskelter erst mit der durchgreifenden Sanierung in den Jahren 1985 bis 1988. Die Kelter wurde nach Plänen des Architekten Rainfried Rudolf zur Stadtbibliothek umgebaut, unterkellert und mit einer hölzernen Empore versehen, so daß heute auf drei Etagen in Büchern geschmökert werden kann. Anstelle des längst verschwundenen Bildes an der süd-lichen Außenwand trat 1988 ein von Hans Fritz geschaffenes neues Gemälde mit Josua, Kaleb und dem Weintrauben, das sich an der Darstellung von 1887 orientiert. Die Kalebskelter ist heute das belebende und kommunikative Element auf dem Kelternplatz.

Rolf Bidlingmaier