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Nachrichten und Hintergründe: Deutschlandfunk Kultur

Was wir lesen: Benutzerinnen schreiben über Ihre Lieblingsbücher

  • Andrej Kurkow: Graue Bienen (2019)
    Andrej Kurkow ist ein ukrainischer Autor und hartnäckiger Kritiker von Putins Ukrainepolitik. Er erzählt in seinem Roman, der bereits 2019 erschienen ist, aus dem Leben des Bienenzüchters Sergej, der in einem kleinen Dorf im Donbass lebt, wo täglich der Krieg zwischen ukrainischen Kämpfern und russischen Separatisten tobt.
    Fast alle Bewohner haben das Dorf verlassen – auch Sergejs Frau und Tochter. Die Häuser stehen leer, die Kirche ist zerbomt. Zurückgeblieben sind Sergej und Paschka, seit Kindertagen ein Feind Sergejs. Wie die beiden überleben ohne Laden, ohne Radio, ohne Fernseher, mit nur stundenweisem Strom im Grau der Winter und der täglichen Bombardements ist meisterhaft, ja in poetischen Bildern erzählt.
    Es ist jedoch kein Buch über den Krieg.
    Im Zentrum steht der Bienenzüchter Sergej, der aus der täglichen Fürsorge für seine Bienen Lebensenergie und Durchhaltekraft schöpft.
    Während die Menschen um ihn herum täglich zerstören, herrscht bei seinen Bienen eine weise Ordnung.
    Sergej wächst einem ans Herz durch den achtsamen und respektvollen Umgang mit seinen Bienen, mit sich selbst, seinem ehemaligen Schulfeind und mit allem, was ihn umgibt. Ein Menschen– und Tierfreund, den man nie vergisst. Es tut gut, so jemand wie ihn kennenzulernen.
     
    Katharina Andres-Wilhelm

Ein Hof Elf Geschwister


  • Cover vom Buch Ein Hof Elf Geschwister

    DEUTSCHER SACHBUCHPREIS 2023

    Die stolze bäuerliche Landwirtschaft mit Viehmärkten, Selbstversorgung und harter Knochenarbeit ist im Laufe der Sechzigerjahre in rasantem Tempo und doch ganz leise verschwunden. Ewald Frie erzählt am Beispiel seiner Familie von der großen Zäsur. Mit wenigen Strichen, anhand von vielsagenden Szenen und Beispielen, zeigt er, wie die Welt der Eltern unterging, die Geschwister anderen Lebensentwürfen folgten und der allgemeine gesellschaftliche Wandel das Land erfasste.

    Zuchtbullen für die monatliche Auktion, Kühe und Schweine auf der Weide, Pferde vor dem Pflug, ein Garten für die Vorratshaltung - der Hof einträglich bewirtschaftet von Eltern, Kindern und Hilfskräften. Das bäuerliche Leben der Fünfzigerjahre scheint dem Mittelalter näher als unserer Zeit. Doch dann ändert sich alles: Einst wohlhabende und angesehene Bauern gelten trotz aller Modernisierung plötzlich als ärmlich und rückständig, ihre Kinder riechen nach Stall und schämen sich. Wege aus der bäuerlichen Welt weist die katholische Kirche mit neuer Jugendarbeit. Der Sozialstaat hilft bei Ausbildung und Hofübergabe. Schon in den Siebzigerjahren ist die Welt auf dem Land eine völlig andere. Staunend blickt man zurück, so still war der Wandel: "Mein Gott, das hab ich noch erlebt, das kommt mir vor wie aus einem anderen Jahrhundert." Ewald Frie hat seine zehn Geschwister, geboren zwischen 1944 und 1969, gefragt, wie sie diese Zeit erlebt haben. Sein glänzend geschriebenes Buch lässt mit treffsicherer Lakonie den großen Umbruch lebendig werden.

    Deutscher Sachbuchpreis 2023 Eine Familie erlebt das Verschwinden des bäuerlichen Lebens in den 50er und 60er Jahren Verwebt auf überzeugende Weise die eigenen Erfahrungen mit zeitgeschichtlichen Zusammenhängen Dicht und eindringlich geschrieben, überzeugend und berührend Für Leser:innen von Christiane Hoffmanns Bestseller "Alles, was wir nicht erinnern"


Ulrike Drasener: Die Verwandelten

  • Cover Draesner Verwandelten
    Rezensionsnotiz zu Die Tageszeitung, 25.04.2023
    Rezensent Thomas Hummitzsch bewundert, mit welcher Sensibilität und Kunstfertigkeit Ulrike Draesner in ihrem Roman die Gewalterfahrungen von Frauen in Sprache verwandelt und ihnen so eine Stimme verleiht. Draesner erzählt die unterschiedlichsten Geschichten von Frauen in Deutschland und Polen über Generationen hinweg, die alle auf die ein oder andere Weise mit den traumatischen Folgen von Krieg und Gewalt zu kämpfen haben, so der Kritiker. Den Horror, den die Frauen erlebten, kann Draesner vor Augen führen, ohne auf explizite Gewaltdarstellungen zurückgreifen zu müssen, schreibt der Kritiker. Sie erobert so für die Protagonistinnen einen Bereich zurück, der oft mit Sprachlosigkeit und Schweigen verbunden ist. Mal im epischen Erzählfluss, mal mit poetischer Verspieltheit, gelingt Draesner eine virtuose Erzählung, die "lichtbringend und geradezu heilend" ist, so der Kritiker. Das ist "große Kunst", schließt Hummitzsch beeindruckt.

    Leseprobe: hier:

    Interview mit Ulrike Draessner: hier


Spieleempfehlung: Kuschel Kolonien


  • Bild vom Spiel


    Kuschel Kolonien
    Die Pinguine sind auf dem Eis verstreut und so langsam wird es kalt. Bring deine Pinguine zusammen und hindere die Mitspielenden daran, das Gleiche zu tun. Der erste Mitspieler, der seine Pinguinfamilie zusammenbringt, gewinnt das Spiel. Ist man am Zug, bewegt man seine Pinguine aufeinander zu, indem man auf eine benachbarte Eisfläche geht, über andere Pinguine springt oder unter dem Eis taucht. Der Spieler, der seine Pinguinfamilie zuerst zu einer Gruppe zusammenbringt - und zwar so, dass die Köpfe der Pinguine auf einer Höhe sind (alle drei großen Pinguine müssen direkt auf dem Spielbrett stehen und alle kleinen Pinguine müssen auf den Eisblöcken stehen), gewinnt das Spiel. Spielanleitung in 12 Sprachen.

    Altersangabe: 6 Jahre
    Spieler: 2 - 4
    Dauer: 20 Min.

Der Walder vom Schwarzwald

  • Cover Buch Walter Trefz
    Wenn Walter Trefz erzählte, war es, als klinge in seiner Stimme das Raunen und Rauschen des gesamten Schwarzwaldes mit. Als ein Wald- und Umweltschützer der ersten Stunde, im Kampf gegen den Sauren Regen, im großen Streit um »Gift, Kalk und Ozon« wurde der Revierförster Trefz für viele zum charismatischen Aufklärer. Für andere blieb er zeitlebens der »Öko-Spinner«, ein renitenter Provokateur und Störenfried. Der »Walder« stand weit über seine Heimat hinaus und schon sehr früh für ein radikales Umdenken: »weniger Chemie, weniger Technik. Wildnis statt Wirtschaftswald. Und insbesondere: echte, tiefe Verbundenheit mit allem, was lebt, wächst und im fortwährenden Kreislauf vergeht.« Über Jahre war Annette Rieger immer wieder Gast in seinem Haus auf dem Kniebis und hat seinen Erzählungen gelauscht, außerdem Gespräche mit Wegbegleiterinnen und Wegbegleitern geführt. Was sie erzählt, ist die Geschichte »ihres Walders«, eine sehr persönliche Lebensgeschichte des Försters, Lebensphilosophen und Widerständlers Walter Trefz, gleichzeitig ein Blick hinter die Kulissen von früher Umweltbewegung, Forstwirtschaft und Tourismus im Schwarzwald.